Hulda und der Tod des Königs Joschija

Ich werde dich mit deinen Vätern vereinen und du sollst in Frieden in deinem Grab beigesetzt werden. Deine Augen sollen all das Unheil nicht mehr sehen, das ich über diesen Ort bringen werde.
(2 Könige 22,20 // 2 Chronik 34,28)

Auf die gottlosen Könige Manasse und Amon folgte der erst achtjährige Joschija am Thron des Königreichs Juda. Er wandte sich Gott zu. Im achtzehnten Jahr seiner Regierung gab er den Auftrag, die Schäden am Tempel in Jerusalem auszubessern (2 Könige 22,3-7; 2 Chronik 34,8-13). Damals wurde das Gesetzbuch gefunden, das wohl während der Regierungszeit von Manasse versteckt worden war. Dieses Buch wurde dem König vorgelesen, der so erschüttert war, dass er seine Kleider zerriss. Das war ein Ausdruck tiefer Trauer oder Empörung. Der König gab daraufhin den Auftrag, den HERRN zu befragen. Der Priester Hilkija begab sich daraufhin in Begleitung einiger Männer zur Prophetin Hulda, der Frau des Schallum. (2 Könige 22,8-14; 2 Chronik 34,14-22)

15 und sie gab ihnen diese Antwort: So spricht der HERR, der Gott Israels: Sagt zu dem Mann, der euch zu mir geschickt hat: 16 So spricht der HERR: Ich bringe Unheil über diesen Ort und seine Bewohner, alle Drohungen des Buches, das der König von Juda gelesen hat. 17 Denn sie haben mich verlassen, anderen Göttern geopfert und mich durch alle Werke ihrer Hände erzürnt. Darum ist mein Zorn gegen diesen Ort entbrannt und er wird nicht erlöschen. 18 Sagt aber zum König von Juda, der euch hergesandt hat, um den HERRN zu befragen: So spricht der HERR, der Gott Israels: Durch die Worte, die du gehört hast, 19 wurde dein Herz erweicht. Du hast dich vor dem HERRN gedemütigt, als du vernahmst, was ich über diesen Ort und seine Bewohner gesprochen habe: dass sie zu einem Bild des Entsetzens und zum Fluch werden sollen. Du hast deine Kleider zerrissen und vor mir geweint. Darum habe ich dich erhört – Spruch des HERRN. 20 Ich werde dich mit deinen Vätern vereinen und du sollst in Frieden in deinem Grab beigesetzt werden. Deine Augen sollen all das Unheil nicht mehr sehen, das ich über diesen Ort bringen werde. Sie berichteten dies dem König. (2 Könige 22,15-20; ähnlich 2 Chronik 34,23-28)

Das Unglück war unausweichlich. Offensichtlich hat sich während der langen Regierungszeit Manasses die Gottlosigkeit im Volk so weit verbreitet und die Herzen der meisten Menschen schon so weit verhärtet, dass eine tiefgreifende Umkehr nicht mehr zu erwarten war. Auch der Prophet Jeremia hat die durch Joschija durchgeführte Reform so beurteilt, dass sie nur an der Oberfläche blieb.

Bei alldem ist auch ihre Schwester Juda, die Treulose, nicht mit ganzem Herzen zu mir zurückgekehrt, sondern nur zum Schein – Spruch des HERRN. (Jeremia 3,10)

Das Gericht konnte nicht ausbleiben. Doch sagte die Prophetin dem König zu, dass er das Unheil nicht sehen werde. Er soll in Frieden in seinem Grab beigesetzt werden.

Das Strafgericht ist tatsächlich erst nach Joschija durch die Babylonier hereingebrochen. Doch ist Joschija nicht im Frieden gestorben, sondern in einer Schlacht umgekommen.

29 In seinen Tagen zog der Pharao Necho, der König von Ägypten, zum König von Assur hinauf an den Strom Euphrat. Und der König Josia zog ihm entgegen; aber Necho tötete ihn bei Megiddo, als er ihn sah. 30 Und seine Knechte führten ihn auf einem Wagen tot von Megiddo fort und brachten ihn nach Jerusalem und begruben ihn in seinem Begräbnis. Und das Volk des Landes nahm Joahas, den Sohn Josias, und sie salbten ihn und machten ihn zum König anstelle seines Vaters. (2 Könige 23,29-30 Elberfelder)

Joschija ist nicht in Frieden gestorben, sondern wurde vom Pharao im Kampf getötet. Hat Hulda etwas Falsches prophezeit?

Im Chronikbuch wird das etwas ausführlicher1 erzählt.

20 Nachdem Joschija all dies zur Instandsetzung des Hauses getan hatte, zog Necho, der König von Ägypten, herauf, um bei Karkemisch am Eufrat zu kämpfen. Joschija stellte sich ihm entgegen. 21 Necho aber sandte Boten zu ihm und ließ ihm sagen: Was habe ich mit dir zu tun, König von Juda? Nicht gegen dich ziehe ich heute, sondern gegen das Herrscherhaus, das mit mir im Krieg steht. Gott hat mir Eile geboten; lass daher ab von Gott, der auf meiner Seite steht; sonst wird er dich verderben. 22 Doch Joschija zog sich nicht vor Necho zurück, sondern verkleidete sich, um mit ihm zu kämpfen. Er hörte nicht auf die Worte Nechos, die aus dem Mund Gottes kamen, sondern trat in der Ebene von Megiddo zum Kampf gegen ihn an. 23 Aber die Bogenschützen trafen den König Joschija, der nun seinen Dienern zurief: Bringt mich weg, denn ich bin schwer verwundet! 24 Sie hoben ihn vom Kriegswagen, setzten ihn auf seinen zweiten Wagen und brachten ihn nach Jerusalem. Dort starb er und wurde in den Gräbern seiner Väter beigesetzt. Ganz Juda und Jerusalem trauerten um Joschija. (2 Chronik 35,20-24)

Necho war unterwegs, um dem bedrängten König von Assur zu helfen2 und das Assyrerreich, das in den letzten Zügen lag, doch noch aufrechtzuerhalten. Er hatte keine kriegerische Absicht gegen Joschija. Er musste nur durch sein Land durchziehen. Wenn Necho einen Auftrag Gottes für sich beanspruchte, so heißt das nicht, dass ihn Gott tatsächlich dorthin gesandt hatte oder dass er gar prophetisch gesprochen hätte. Die Welt der Antike war religiös. Der Pharao hat seinen eigenen Machtanspruch göttlich begründet gesehen. Die Hilfe, die er den bedrängten Assyrern leisten wollte, war nicht als uneigennützige Hilfe an den früheren Feinden Ägyptens gedacht. Er wollte verhindern, dass sich in Mesopotamien wieder eine neue Großmacht bildet. Ein geschwächtes Assyrien neben einem nicht besonders starken Babylonien war für ihn weniger gefährlich, und er konnte die Vorherrschaft Ägyptens über Kanaan und Syrien wieder etablieren.

Nach dem Verständnis des Chronisten waren es Worte Gottes, die aus dem Mund Nechos kamen. Auch wenn Necho aus eigenem Machtinteresse gesprochen hat, waren diese Worte dennoch eine Warnung an Joschija. Er sollte sich nicht in die Kämpfe der Großmächte einmischen. Auch wenn der Pharao die Assyrer unterstützen wollte, die so lange Zeit die Feinde Israels und Judas waren, sollte er sich nicht einmischen. Seine Aufgabe sollte vielmehr die geistliche Erneuerung seines Volkes sein. Joschija aber wollte, wie es scheint, keine Hilfeleistung an den Assyrern dulden.

Hier hat Joschija leider nicht auf Gottes Willen geachtet und hat das mit dem Leben bezahlt.

Die prophetischen Worte von Hulda waren keine Wahrsagerei. Joschija hat mit seiner Hinwendung an Gott und seine Reform das Strafgericht zumindest hinausschieben können. Hätte er, als er gegen Necho in die Schlacht zog, auch auf Gott gehört, dann wäre er tatsächlich in Frieden gestorben. Die zentrale Botschaft Huldas bezog sich auf das Strafgericht über Juda. Es sollte während der Lebenszeit Joschijas nicht geschehen. Das war auch so. Der situative Ungehorsam Joschijas, der ihm leider das Leben gekostet hat, hatte damit nicht direkt zu tun.

Hulda war eine Prophetin Gottes, auch wenn der Koran behauptet, dass es keine Prophetinnen geben kann.


  1. Bezüglich der Frage, ob Joschija sofort gestorben ist (2 Könige 23,29-30) oder erst in Jerusalem (2 Chronik 35,23-24), gab es entweder unterschiedliche Überlieferungen oder das Königsbuch stellt die Situation verkürzt dar. 
  2. Die Einheitsübersetzung übersetzt 2 Könige 23,29: In seinen Tagen unternahm der Pharao Necho, der König von Ägypten, einen Kriegszug gegen den König von Assur an den Eufrat. Der knapp gehaltene hebräische Text würde diese Wiedergabe auch erlauben. Doch ist sie historisch falsch. 

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