Darum kann er auch die, die durch ihn vor Gott hintreten, für immer retten; denn er lebt allezeit, um für sie einzutreten. (Hebräer 7,25)
26 An jenem Tag werdet ihr in meinem Namen bitten und ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten werde; 27 denn der Vater selbst liebt euch, weil ihr mich geliebt und weil ihr geglaubt habt, dass ich von Gott ausgegangen bin. (Johannes 16,26-27)
In diesen beiden Stellen geht es um das Erlösungswerk Jesu. Es geht um die Versöhnung der Menschen mit Gott. Darum hat sich Jesus bis in den Tod hinein hingegeben, um uns mit Gott zu versöhnen.
Doch widersprechen sich die beiden Stellen nicht?
Der Autor des Hebräerbriefs schreibt, dass Jesus allezeit lebt, um für die Menschen einzutreten. Jesus scheint in Johannes 16,26 das Gegenteil zu sagen.
Ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten werde.
Bittet nun Jesus für die Seinen oder tut er es nicht?
Betrachten wir beide Stellen in ihrem Zusammenhang!
Der Hebräerbrief stellt Jesus als den vollkommenen Hohepriester dar. Er ist nach den Worten von Psalm 110,4 Priester auf ewig nach der Ordnung Melchisedeks. Anders als die Priester aus der Nachkommenschaft Aarons hat er,
weil er in Ewigkeit bleibt, ein unvergängliches Priestertum. (Hebräer 7,24)
Jesus hat nicht viele Opfer dargebracht, sondern sich selbst ein für alle Mal (vergleiche Hebräer 7,27).
Anders als die früheren Hohepriester, die einmal im Jahr im Allerheiligsten des Tempels für die Sünden des Volkes eingetreten sind, ist Jesus, der vollkommene Hohepriester für alle Ewigkeit in Gottes Heiligtum gegangen. So tritt er beständig für die Menschen ein, die durch ihn Gott nahen.
Im Hebräerbrief geht es darum, dass das alttestamentliche Priestertum im vollkommenen Hohepriester Jesus seine Erfüllung und Vollendung gefunden hat. Die Priester und Opfer des Alten Testaments haben dadurch ihre Bedeutung verloren.
Jesus ging es in Johannes 16 um etwas anderes. Er hat seine Jünger auf das Ziel seines Gehens zum Vater hingewiesen. Die Beziehung der Menschen zum Vater soll wieder vollkommen hergestellt werden. Jesus hat als Mittler sein Ziel erreicht, wenn nicht er für seine Jünger bitten muss, sondern die Jünger direkt zum Vater gehen, der sie liebt. Und doch ist Jesus die Mitte dieser Beziehung der Jünger zum Vater. Es geht um das „Bitten in seinem Namen“. Damit meinte Jesus nicht, dass bei jeder Bitte die Floskel „in Jesu Namen“ angehängt wird. Die Beziehung der Jünger zum Vater gründet in der von Jesus gewirkten Erlösung. Sie sind Kinder Gottes, weil sie an den Namen Jesu glauben (Johannes 1,12). Die Beziehung zu Gott gibt es nur durch Jesus, der der einzige Weg zum Vater ist (Johannes 14,6).
Jesus hat in Johannes 16,26 nicht gesagt, dass er nicht für die Jünger bitten werde, sondern:
Ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten werde.
Das ist eine Ermunterung an die Jünger, in Jesu Namen direkt zum Vater zu gehen. Es schließt aber das Eintreten Jesu für die Jünger nicht aus.
Wir müssen überdies die vollkommene Einheit zwischen Jesus und seinem Vater vor Augen haben. Es geht nicht darum, dass der Sohn den Vater überzeugen muss, den Menschen seine Liebe zu schenken. Gerade weil der Vater die Menschen liebt, hat er uns Jesus geschenkt.
Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat. (Johannes 3,16)
Gott, der Vater, will in untrennbarer Einheit mit seinem Sohn unser Bestes. Darum hat er uns in Jesus einen Weg eröffnet, uns mit ihm zu versöhnen und uns Befreiung von den Sünden schenken zu lassen.
Wenn es in Hebräer 7,25 heißt, dass er allezeit lebt, um für sie einzutreten, dann bedeutet das, dass die Seinen ganz in die göttliche Liebe, die zwischen Vater und Sohn herrscht, hineingenommen sind. Wenn Jesus in Johannes 16 die Jünger ermuntert, in seinem Namen den Vater zu bitten, sagt er dadurch, dass der Weg, den er eröffnet hat, frei ist.
Beide Stellen sprechen mit unterschiedlichen Worten über dieselbe Erlösung, die uns Gott in Jesus geschenkt hat. Die verschiedenen Aspekte gehören zusammen und widersprechen einander nicht.