Der Dornbusch und die Auferstehung

26 Dass aber die Toten auferstehen, habt ihr das nicht im Buch des Mose gelesen, in der Geschichte vom Dornbusch, in der Gott zu Mose spricht: Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs? 27 Er ist kein Gott von Toten, sondern von Lebenden. Ihr irrt euch sehr. (Markus 12,26-27)

In Markus 12,18-27 (Parallelen: Matthäus 22,23-33; Lukas 20,27-40) lesen wir über eine Diskussion, in der einige Sadduzäer, die nicht an die Auferstehung von den Toten glaubten, Jesus herausforderten. Sie erzählten von sieben Brüdern, die nach dem jüdischen Leviratsgesetz (Deuteronomium 25,5) der Reihe nach dieselbe Frau heirateten, da sie alle kinderlos gestorben waren. Nun wollten die Sadduzäer wissen, wessen Frau sie nach der Auferstehung sein würde, sofern es eine Auferstehung überhaupt gäbe.

Vermutlich hatten sie in Gesprächen mit Pharisäern gesehen, dass diese auf ihre Frage keine rechte Antwort wussten.

Jesus ging in seiner Antwort nicht auf die Details ihrer Fragestellung ein, sondern erklärte, dass es nach der Auferstehung kein Eheleben mehr geben werde.

Wenn nämlich die Menschen von den Toten auferstehen, heiraten sie nicht, noch lassen sie sich heiraten, sondern sind wie Engel im Himmel. (Markus 12,25)

Damit hat Jesus auch der Jahrhunderte später entstandene muslimische Vorstellung eines Paradieses voller sexueller Lust die Grundlage entzogen.

Die anschließende Begründung der Auferstehung mit der Selbstbezeichnung Gottes bei der Erscheinung vor Mose im Dornbusch war wohl von den Sadduzäern nicht erwartet worden.

Manchmal wird angenommen, dass Jesus deswegen eine Stelle aus der Thora gewählt habe, weil die Sadduzäer nur diese (die fünf Bücher des Pentateuch) als Heilige Schrift akzeptiert hätten. Doch scheint diese Annahme auf einem Missverständnis einer Stelle bei Flavius Josephus zu beruhen, der schrieb:

Für jetzt will ich nur noch bemerken, daß die Pharisäer dem Volke durch mündliche Überlieferung viele Gebote aufbewahrt haben, welche in die Gesetzgebung des Mose nicht aufgenommen sind. Diese Gebote nun verwirft die Sekte der Sadduzäer und behauptet, das allein sei maßgebend, was geschrieben stehe, während die mündliche Überlieferung der Vorfahren keine Gültigkeit habe. (Flavius Josephus, Antiquitates Iudaicae XIII,10,6)

Die Lehre der Sadduzäer läßt die Seele mit dem Körper zugrunde gehen und erkennt keine anderen Vorschriften an als das Gesetz. (Flavius Josephus, Antiquitates Iudaicae XVIII,1,4)

Josephus stellte aber dem Gesetz oder der Thora nicht die anderen Bücher des Alten Testaments gegenüber, sondern die mündlichen Überlieferungen der Pharisäer. Er trifft hier keine Aussage über den Kanon der Sadduzäer.

Jesus wollte die Auferstehung tiefer begründen als etwa mit einem Zitat aus Daniel 12,2:

Von denen, die im Land des Staubes schlafen, werden viele erwachen, die einen zum ewigen Leben, die anderen zur Schmach, zu ewigem Abscheu.

Jesus sah die Auferstehung im Wesen Gottes begründet.

Er ist kein Gott von Toten, sondern von Lebenden. (Markus 12,27)

Er hat dazu die Erzählung vom brennenden Dornbusch in Exodus 3 herangezogen. Dort sprach Gott von sich selbst in Vers 6:

Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs.

Als Gott zu Mose sprach, waren Abraham, Isaak und Jakob schon seit Jahrhunderten verstorben. Dennoch nennt sich Gott nach ihnen. Sollte sich Gott nach Toten benennen? Das würde nicht zu Gott, dem Schöpfer des Lebens passen. Da Gott selbst das Leben ist, sind auch die, deren Gott er sich nennt, am Leben. Darum ist der Tod nicht der Schlusspunkt des Lebens. Die Beziehung zu Gott endet nicht mit dem Tod. Als Gott Mose erschien, waren Abraham, Isaak und Jakob nicht tot. Sie waren auferstanden und lebten. So konnte Gott sich dem Mose als ihr Gott offenbaren.

Diese Argumentation Jesu wirft auch ein Licht auf die Frage nach dem Verständnis der Auferstehung am Letzten Tag. Gott ist Mose ja lange vor dem Tag der Auferstehung erschienen. Trotzdem lebten die Patriarchen damals. Sie lebten nicht nur als unsterbliche Seelen, sondern als Auferstandene bereits lange vor dem Anbruch des Letzten Tages im Rahmen des geschichtlichen Ablaufs. Ich habe im Abschnitt „Zeit und Ewigkeit“ im Beitrag über Mariä Himmelfahrt einige Gedanken dazu gesammelt. Im Rahmen der Ewigkeit waren sie schon auferstanden, auch wenn ihre Knochen noch in der Höhle von Machpela (Genesis 25,9; 35,29; 50,13) lagen.

Gott ist der Gott des Lebens. Er lässt die Seinen nicht im Tod.

Doch Gott wird mich auslösen aus der Gewalt der Unterwelt, ja, er nimmt mich auf. (Psalm 49,16)

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