Wie ist König Saul gestorben?

In der Bibel finden wir zwei einander widersprechende Berichte über den Tod von König Saul.

1 Als die Philister gegen Israel kämpften, flohen die Israeliten vor ihnen; viele waren gefallen und lagen erschlagen auf dem Gebirge von Gilboa. 2 Die Philister verfolgten Saul und seine Söhne und erschlugen Sauls Söhne Jonatan, Abinadab und Malkischua. 3 Um Saul selbst entstand ein schwerer Kampf. Die Bogenschützen hatten ihn entdeckt und es befiel ihn heftiges Beben vor den Schützen. 4 Da sagte Saul zu seinem Waffenträger: Zieh dein Schwert und durchbohre mich damit! Sonst kommen diese Unbeschnittenen, durchbohren mich und treiben ihren Mutwillen mit mir. Der Waffenträger wollte es nicht tun; denn er hatte große Angst. Da nahm Saul selbst das Schwert und stürzte sich hinein. 5 Als der Waffenträger sah, dass Saul tot war, stürzte auch er sich in sein Schwert und starb zusammen mit Saul. 6 So kamen Saul, seine drei Söhne, sein Waffenträger und alle seine Männer an jenem Tag gemeinsam ums Leben. (1 Samuel 31,1-6)

1 Als David nach dem Tod Sauls von seinem Sieg über die Amalekiter zurückgekehrt war und sich zwei Tage lang in Ziklag aufgehalten hatte, 2 kam am dritten Tag ein Mann aus dem Lager Sauls, mit zerrissenen Kleidern und Staub auf dem Haupt. Als er bei David angelangt war, warf er sich auf den Boden nieder und huldigte ihm. 3 David fragte ihn: Woher kommst du? Er antwortete ihm: Ich habe mich aus dem Lager Israels gerettet. 4 David sagte zu ihm: Wie stehen die Dinge? Berichte mir! Er erwiderte: Das Volk ist aus dem Kampf geflohen, viele von den Männern sind gefallen und umgekommen; auch Saul und sein Sohn Jonatan sind tot. 5 David fragte den jungen Mann, der ihm die Nachricht brachte: Woher weißt du, dass Saul und sein Sohn Jonatan tot sind? 6 Der junge Mann, der ihm die Nachricht brachte, sagte: Ich kam zufällig auf das Gebirge von Gilboa; da sah ich, wie sich Saul auf seinen Speer stützte und Kriegswagen und Reiter auf ihn eindrangen. 7 Er wandte sich um, und als er mich sah, rief er mich. Ich antwortete: Hier bin ich. 8 Er fragte mich: Wer bist du? Ich gab ihm zur Antwort: Ich bin ein Amalekiter. 9 Da sagte er zu mir: Komm her zu mir und töte mich! Denn mich hat ein Schwächeanfall erfasst, aber noch ist alles Leben in mir. 10 Ich ging also zu ihm hin und tötete ihn; denn ich wusste, dass er seinen Sturz nicht überleben würde. Dann nahm ich den Stirnreif, den er auf dem Kopf trug, und die Spange, die er am Arm hatte, und bringe sie nun hierher zu meinem Herrn. (2 Samuel 1,1-10)

Hat Saul sich selbst getötet oder wurde er von einem Amalekiter umgebracht?

Ursprünglich war das Buch Samuel nur ein Buch. Die Teilung in zwei Bücher erfolgte erst bei der Übersetzung ins Griechische. Der Herausgeber des Samuelbuches hat die beiden Varianten in zwei unmittelbar aufeinander folgenden Kapiteln gebracht. Er muss sich der Widersprüchlichkeit der Darstellungen bewusst gewesen sein.

Beim ersten Bericht aus 1 Samuel 31 stellt sich die Frage, woher der Autor den Hergang wissen konnte. Nach Vers 6 kamen Saul, seine drei Söhne, sein Waffenträger und alle seine Männer an jenem Tag gemeinsam ums Leben. Wenn man das wörtlich nimmt, konnte es keinen Überlebenden geben, der den Tod Sauls beobachtet hat oder den Dialog zwischen Saul und seinem Waffenträger gehört haben konnte.

Bei dem Bericht des Amalekiters in 2 Samuel 1 stellt sich die Frage, inwiefern die Worte dieses Menschen glaubwürdig waren. Es ist durchaus möglich, dass er kurz nach der Schlacht den Leichnam des toten Königs entdeckt hat, dabei gemeint hat, die Chance seines Lebens ergreifen zu müssen und sich mit dem Stirnreif und der Spange des Königs auf den Weg zu Sauls vermeintlichem Rivalen David gemacht hat. Um bei David Eindruck zu machen, hat er die Tötung Sauls für sich beansprucht. Allerdings hat er die Einstellung Davids zu Saul falsch eingeschätzt. David hat die Stellung Sauls als König und Gesalbter des HERRN immer akzeptiert und sah in der Tat des Amalekiters eine Rebellion gegen den Gesalbten Gottes, die er mit dem Tode bestrafen ließ (2 Samuel 1,14-16).

Man kann beim ersten Bericht in 1 Samuel 31 aber nicht ausschließen, dass es trotz der allgemeinen Aussage von Vers 6, dass alle Männer Sauls ums Leben gekommen sind, mindestens einen überlebenden Zeugen der Situation gab, der das Gespräch zwischen Saul und seinem Waffenträger und den anschließenden Suizid beobachtet hat. Der Verfasser des Buches muss die erste Variante für glaubwürdiger erachtet haben. Sonst hätte er sie nicht im Bericht verwendet, während die vom Amalekiter erzählte Version nur in dessen Mund wiedergegeben wird.

Auch wenn dieser Widerspruch aufgelöst werden kann, ist festzuhalten, dass einander widersprechende Darstellungen historischer Ereignisse nicht notwendigerweise gegen die Inspiration der Bibel sprechen, da die Sammlung und Verifizierung der Quellen nicht Inhalt der Inspiration war, sondern die geistlichen Lehren, die daraus gezogen werden. Der Heilige Geist hat dem Schreiber die Arbeit der Recherche nicht abgenommen.

Denn alles, was einst geschrieben worden ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, damit wir durch Geduld und durch den Trost der Schriften Hoffnung haben. (Römer 15,4)

16 Jede Schrift ist, als von Gott eingegeben, auch nützlich zur Belehrung, zur Widerlegung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, 17 damit der Mensch Gottes gerüstet ist, ausgerüstet zu jedem guten Werk. (2 Timotheus 3,16-17)

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