Zum Tod des Königs Ahasja von Juda

Bezüglich des Todes des jungen Königs Ahasja von Juda, der als Zweiundzwanzigjähriger nur ein Jahr lang regierte, gibt es in der Bibel zwei unterschiedliche Darstellungen. Der Ausgangspunkt ist in beiden Texten gleich. Ahasja, der Sohn Jorams von Juda und Ataljas befand sich in Jesreel im Reich Israel, um dort seinen Verwandten Joram von Israel zu besuchen. Dieser befand sich dort, um seine Wunden, die er sich im Kampf gegen die Aramäer zugezogen hatte, heilen zu lassen. Joram von Israel war der Bruder Ataljas und somit Ahasjas Onkel.

Jehu, einer der Hauptleute Jorams war im Kampf gegen die Aramäer in Ramot in Gilead, als er von einem Prophetenjünger Elischas zum neuen König von Israel gesalbt wurde. Er machte sich auf den Weg nach Jesreel. Joram zog ihm entgegen.

21 Da ließ Joram selbst anspannen. Man machte seinen Wagen bereit und Joram, der König von Israel, und Ahasja, der König von Juda, fuhren, jeder auf seinem Wagen, Jehu entgegen. Sie trafen ihn beim Acker Nabots aus Jesreel. 22 Als Joram Jehu sah, fragte er: Kommst du in friedlicher Absicht, Jehu? Doch dieser erwiderte: Wie sollte ich in friedlicher Absicht kommen, solange die Unzucht deiner Mutter Isebel und ihre vielen Zaubereien andauern? 23 Da lenkte Joram um und wollte fliehen, während er Ahasja zurief: Verrat, Ahasja! 24 Doch Jehu ergriff den Bogen und traf Joram zwischen die Schultern, sodass der Pfeil sein Herz durchbohrte und er in seinem Wagen niedersank. […] 27 Als Ahasja, der König von Juda, dies sah, floh er in Richtung Bet-Gan. Doch Jehu verfolgte ihn und rief: Schlagt auch diesen nieder! Man schlug ihn beim Anstieg nach Gur, das bei Jibleam liegt, im Wagen nieder. Er kam noch bis Megiddo, wo er starb. 28 Seine Diener brachten ihn nach Jerusalem und begruben ihn bei seinen Vätern in seinem Grab in der Davidstadt. (2 Könige 9,21-24.27-28)

 

Im Buch der Chronik lesen wir eine andere Version:

7 Von Gott aber war es zum Verderben Ahasjas bestimmt, dass er sich zu Joram begab. Mit Joram fuhr er nach seiner Ankunft Jehu, dem Enkel Nimschis, entgegen, den der HERR gesalbt hatte, damit er das Haus Ahab ausrotte. 8 Als Jehu seinen Streit mit dem Haus Ahab austrug, stieß er auf die Hofleute Judas und die Verwandten Ahasjas, die im Dienst Ahasjas standen, und machte sie nieder. 9 Dann ließ er Ahasja suchen. Man nahm ihn fest, während er sich in Samaria verborgen hielt, brachte ihn vor Jehu und tötete ihn. Doch gab man ihm ein Grab; denn sie sagten: Er ist ein Enkel Joschafats, der den HERRN mit ganzem Herzen gesucht hat. Im Haus Ahasjas war nun niemand mehr, der fähig gewesen wäre, die Königsherrschaft zu übernehmen. (2 Chronik 22,7-9)

Nach dem Bericht der Chronik ist Ahasja nicht auf der Flucht am Anstieg nach Gur verletzt worden und dann in Megiddo gestorben, sondern nach Samaria geflüchtet, wo er sich versteckte. Von dort wurde er zu Jehu gebracht, der den König von Juda tötete. Ob Jehu noch in Jesreel oder schon in Samaria war, wird nicht mitgeteilt. Doch da in der Chronik in Vers 8 noch vor der Tötung Ahasjas ein Massaker an Verwandten Ahasjas berichtet wird, das Jehu auf dem Weg nach Samaria angeordnet hat, wird der Chronist angenommen haben, dass der neue König von Israel bereits in Samaria war.

12 Dann brach er (Jehu) auf, kam und ging nach Samaria. Als er unterwegs bei Bet-Eked-Roïm war, 13 traf er die Brüder Ahasjas, des Königs von Juda. Er fragte sie: Wer seid ihr? Sie antworteten: Wir sind die Brüder Ahasjas und sind gekommen, um die Söhne des Königs und die Söhne der Herrin zu begrüßen. 14 Da befahl er: Ergreift sie lebendig! Man ergriff sie lebendig und machte sie am Brunnen von Bet-Eked nieder. Es waren zweiundvierzig Mann; keinen von ihnen ließ er am Leben. (2 Könige 10,12-14)

Nach dem Königsbuch hat dieses Gemetzel erst nach dem Tod Ahasjas stattgefunden. Es wäre zwar möglich, dass Ahasja in Megiddo erst einige Tage später verstorben ist. Dann könnte das zeitlich nach dem Massaker gewesen sein. Aber das ändert nichts an der Unvereinbarkeit der beiden Berichte.

Es gab offensichtlich zwei unterschiedliche Berichte. Der Verfasser des Chronikbuches, der erst nach dem Exil schrieb und das Königsbuch als Quelle verwendete, musste die Darstellung des Königsbuchs gekannt haben. Er hat offensichtlich eine zweite Quelle gekannt, die er für verlässlich hielt und deshalb vorgezogen hat.

Wir haben also zwei biblische Berichte, die einander im Detail widersprechen und nicht harmonisiert werden können. In der Grundaussage, dass Ahasja von Jehu, der Gottes Strafgericht am Haus Ahab vollzog, getötet wurde, sind sich die beiden Darstellungen einig. Doch die Widersprüche in den Angaben über den Ort des Todes und die zeitliche Abfolge sind nicht auflösbar.

Wir können daraus sehen, dass die biblischen Autoren nicht einfach ein göttliches Diktat erhalten haben. Sie waren hinsichtlich geschichtlicher Angaben auf die ihnen vorliegenden Quellen angewiesen, die ihnen zur Verfügung standen. Der Autor des Chronikbuchs hat offensichtlich einer anderen Quelle den Vorzug gegeben als der Verfasser oder Redaktor des Königsbuchs. Historische Details sind nicht Inhalt der Inspiration.

Der Götzendienst der Könige von Israel, der durch die heidnische Prinzessin Isebel, die Ahab geheiratet hatte, gefördert wurde, hatte schreckliche Konsequenzen. Auch die Könige von Juda haben sich nicht ausreichend davon distanziert, sondern haben sich sogar mit dem israelischen Königshaus verschwägert. Die Revolte Jehus war der blutige Schlussstrich unter den Baalskult.

Meine Kinder, hütet euch vor den Götzen! (1 Johannes 5,21)

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