Elija im Koran

Der Koran erwähnt den Propheten Elija in zwei Abschnitten:

[…] und Zakariyyā, Yaḥyā, ʿĪsā und Ilyās: jeder (von ihnen) gehört zu den Rechtschaffenen; (Sure 6,85)

123 Auch Ilyās gehörte wahrlich zu den Gesandten. 124 Als er zu seinem Volk sagte: „Wollt ihr nicht gottesfürchtig sein? 125 Wie könnt ihr Baʿl anrufen und den besten Schöpfer verlassen, 126 Allah, euren Herrn und den Herrn eurer Vorväter?“ 127 Da bezichtigten sie ihn der Lüge. So werden sie bestimmt vorgeführt werden, 128 außer Allahs auserlesenen Dienern. 129 Und Wir ließen für ihn (den Ruf) unter den späteren (Geschlechtern lauten): 130 „Friede sei auf Ilyās!“ 131 Gewiß, so vergelten Wir den Gutes Tuenden. 132 Er gehört ja zu Unseren gläubigen Dienern. (Sure 37,123-132)

In der Bibel lesen wir etwas mehr über diesen großen Propheten, dessen Name אֵלִיָּהוּ / ’elîjāhû („Mein Gott ist JHWH“) ein Bekenntnis zum Gott Israels ist. Der Abschnitt 1 Könige 17 – 2 Könige 2 handelt über ihn (ausgenommen 1 Könige 20 und 22). In späteren Abschnitten gibt es noch Rückverweise auf ihn und die Erfüllung seiner prophetischen Worte sowie auf seine erwartete Wiederkunft (siehe dazu diesen Beitrag).

Im Vergleich zu der umfangreichen Information, die die biblischen Texte über Elija bringen, sind die koranischen Hinweise auf ihn spärlich.

In Sure 6,85 wird er gemeinsam mit anderen Rechtschaffenen aufgelistet. Hierbei fällt auf, dass die drei anderen in diesem Vers genannten Personen (Zacharias, Johannes der Täufer und Jesus) zum Neuen Testament gehören. Dem Autor dieser Sure war entweder die chronologische Reihenfolge egal oder er wusste nicht, wie die biblischen Persönlichkeiten historisch einzuordnen sind. Es sind auch in den Versen 84 und 86 Namen genannt. Die Reihenfolge aller Namen lautet: David, Salomo, Ijob, Josef, Mose, Aaron, Zacharias, Johannes der Täufer, Jesus, Elija, Ismael, Elisa, Jona, Lot. Von manchen Namen wusste der Autor, dass sie zusammengehören (David, Salomo / Mose, Aaron / Zacharias, Johannes, Jesus). Bei anderen Namen hatte er wohl keine Ahnung von den geschichtlichen Zusammenhängen.

Der längere Abschnitt aus Sure 37 enthält an historisch verlässlicher Information nur, dass Elija gegen die Verehrung des Baal gekämpft hat. Dieser kanaanäische Götze wird nur an dieser Stelle im Koran genannt.

Dass Elija der Lüge bezichtigt wurde, steht ausdrücklich nicht in der Bibel. Im Koran finden wir diesen Vorwurf z. B. auch im Hinblick auf Noach (7,64; 10,73), einen Gesandten in einem Gleichnis (16,113; 36,14), Mose und Aaron (23,48), Hūd (26,139), Šuʿaib (26,189; 29,37) und einen zu den Ṯamūd gesandten Gesandten (91,14). Diese Reaktion, die bei verschiedenen Propheten erzählt wird, hat wohl keine spezifische Bedeutung im Hinblick auf Elija. Ein allgemeines Muster wurde auch auf ihn angewandt. Vermutlich hatte Mohammed auch die Reaktionen seiner eigenen Zeitgenossen auf seine eigene Person im Blick, die er mit dem Hinweis auf frühere Gesandte, denen es genauso erging, zurückweisen wollte.

In diese Richtung weisen z. B.:

Wenn sie dich der Lüge bezichtigen, so sind bereits Gesandte vor dir der Lüge bezichtigt worden, die mit den klaren Beweisen, den Büchern der Weisheit und den erleuchtenden Büchern kamen. (Sure 3,184)

Wenn sie dich nun der Lüge bezichtigen, dann sag: Euer Herr ist voll umfassender Barmherzigkeit, aber vom übeltätigen Volk wird Seine Gewalt nicht abgewandt. (Sure 6,147)

Wer Konkretes über Elija wissen will, wird im Koran, der angeblich letzten und abschließenden Offenbarung, nicht fündig, sondern muss in den ältesten Quellen suchen.

Bei heutigen Muslimen gibt es jedoch eine Aversion gegen die Bibel und gegen Israel. Deswegen wird versucht, die Person und die Zeitumstände des Propheten Elija möglichst ohne die Bibel zu erklären oder Hinweise auf die Bibel zu vermeiden.

Der Tafsīr Al-Qur’ān Al-Karīm schreibt zu Sure 37,123ff:

Nach dem kurzen Hinweis auf Moses und Aaron folgt nun ein zweiter kurzer Hinweis auf den Propheten Elias. Er wurde zu einem Volk in Syrien gesandt, das einen Götzen verehrte und ihn Ba‘l nannte. Ba‘l bedeutet „Herr“ und wurde als Bezeichnung für eine kanaanäische Gottheit verwendet, häufig in Verbindung mit Wetter- und Fruchtbarkeitskulten. In der Stadt Ba‘lbek befinden sich noch einige Baudenkmäler, die auf den damaligen Götzenkult hindeuten. Elias (a.s.) rief sein Volk der Samaria auf, Allāh (t) allein anzubeten, und Ihm nichts zur Seite zu stellen, genau so wie Abraham (a.s.) und wie jeder Gesandte Allāhs sein Volk aufrief. Die Antwort war jedoch die Zurückweisung und Verleugnung (vgl. 2:136, 285; 3:84; 4:152). Sie verfolgten ihn, so dass er um sein Leben fliehen musste. Schließlich verschwand er auf geheimnisvolle Weise.

Dass Elija ein Israelit war und zu seinem eigenen Volk Israel gesandt wurde, wollen sie offensichtlich nicht schreiben. Woher die Information über seine Verfolgung (1 Könige 19) und sein geheimnisvolles Verschwinden (2 Könige 2) stammt, wird nicht geschrieben. Jeder Hinweis auf die Bibel wird vermieden, damit ja niemand auf den Gedanken kommt, dort nachzuschauen.

Auf einer schiitischen Seite wird immerhin angegeben, dass Elija auch in der Bibel vorkommt.

Iljas (a.) oder Ilyas (a.) ist ein Prophet im Islam, der im Heiligen Qur’an erwähnt wird. Er ist in der Bibel als Elijas bekannt. Er ist ein Nachkomme von Aaron (a.). […]

Er soll 900 v.Chr. im Wadi Yabis (Tal von Yabis) geboren worden sein. Die meisten Gelehrten [faqih] gehen davon aus, dass Iljas (a.) nicht gestorben ist, sondern in der Verborgenheit weiterlebt.

Die Ortsangabe (Wadi Jabis) scheint nach archäologischen Forschungen nicht zutreffend zu sein. Dass die Bibel eine Stadt Tischbe in Gilead erwähnt, die lange Zeit in diesem Wadi vermutet wurde, ist für islamische Leser schon zu viel Information, ebenso der Hinweis auf 2 Könige 2, der Quelle für die Annahme der „meisten Gelehrten“, dass Elija nicht gestorben ist.

Man braucht die Bibel, um den Koran zu verstehen.

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